28 INTERV IE W k: Reid Anderson hat Sie 1996 in diese Stadt geholt. Wollten Sie in dieser langen Zeit je weg von hier, vielleicht in eine Weltstadt wie Berlin, Paris oder London? Und wo würden Sie, außer in Stuttgart, gerne leben? EG: Nein! Weg von hier? Warum? Ich bin oft genug mit meiner Com- pany in anderen Städten, in Toronto, Tel Aviv, Moskau … da bin ich froh, wenn ich wieder in Stuttgart bei meiner Familie bin. k: Sie haben Tanz, Musik und Gesang studiert und beweisen Ihr Können in allen drei Disziplinen. Was können Sie denn nicht? Und was würden Sie gerne noch können? EG: Lacht und überlegt Malen, aber dazu braucht man auch Zeit. Noch lieber hätte ich mehr Zeit für meine Familie. Ganz nebenbei erzählt er auf Befragen, dass er gerne kocht, als Frankokanadier das Französische liebt. Auch den kanadischen Premier Trudeau und den französischen, Macron, findet er gut. Und meint, dass es diese „neue Welle“ auch im Ballett gibt. k: Sie haben zwei Söhne und eine 1 1/2-jährige Tochter. Würden Sie Ihren Kindern raten, Ihren Berufsweg zu gehen? Wie alt sind denn Ihre Söhne? EG: Carlos ist 7 Jahre und kam jetzt (im September 2017) zur Schule, Oscar ist 4 Jahre und Clara Rosa ist 17 Monate; alle mit einem C im Namen. Meinen Kindern würde ich meinen Weg eher nicht raten, es sei denn, sie wollen das. Ich selbst habe sehr viel Glück gehabt. Ich will einfach Gutes tun, ich will Menschen begeistern. Auf unseren kurzen Einwurf bestätigt er auch seine Be- sessenheit für Tanz und Mu- sik. Aber nicht weniger stolz als auf seine Karriere ist er auf seine Frau, die er als Hinter- grundbild auf seinem Smart- phone hat, und auf seine drei Kinder inklusive Mama, die auf einem anderen Bild er- scheinen, das er uns zeigt. k: Viele kleine Mädchen träumen davon, Ballerina zu werden. Welchen Kindern empfehlen Sie als Vater die- ses anstrengende, höchste Disziplin erfordernde Hobby, und in welchem Alter sollten Kinder damit beginnen? EG: Das kann man allen Kindern empfehlen, wenn ihre Körper dafür geeignet sind. Schon ein einjähriges Balletttraining bringt den Kindern Benefits, das ist Kreativtanz, das ist Spaß. Baden-Württemberg ausgezeichnet. Sehen Sie auch eine Möglichkeit, Flüchtlinge aus Nahost oder Afrika und deren Kinder für den Tanz zu begeistern? Die türkisch-deutsche Künstlerin Leyla Ibaoglu zum Bei- spiel gibt Flüchtlingskindern Tanzunterricht. EG: Natürlich, wenn ich Zeit habe, beteilige ich mich gerne auch an Projekten für „refugees“. Am Eberhard-Ludwigs-Gymnasium hatten wir mit vier Tänzerinnen einen Tanzworkshop mit und für die jugend- lichen Flüchtlinge und Schülerinnen und Schüler der Bunten Nach- mittage des Ebelu. Gauthier ist außerdem Markenbotschafter der Mercedes-Benz Bank und verweist auf die erfolgreiche Zusammenarbeit beim internatio- nalen Tanzfestival „COLOURS“ und der Nachhaltigkeitsinitiative „Dance for God! k: Am Samstag, 15.07.2017 haben Sie Passanten auf dem Stuttgarter Schlossplatz zum Flashmob geladen und 800 Menschen zum Tanzen bewegt. Haben Deutsche, speziell Stuttgarter, eigentlich Talent zum Tanzen? Und lässt sich die Generation Smartphone und Youtube für zeitgenössischen Tanz gewinnen? EG: Gerade die jungen Leute, in Stuttgart und überall, erst recht die Youtuber lassen sich für das Tanzen begeistern. k: Sie sind bis zu 5 Monate im Jahr auf Tour und freuen sich danach auf Ihre Familie, weil sie – haben wir gelesen – „das Wichtigste“ in Ihrem Leben sei. Nach dem englischen Sprichwort „Home is where the heart is“. Haben Sie vor, irgendwann einmal weniger unterwegs und mehr zu Hause zu sein? Haben Sie schon ein Drehbuch für Ihre nähere Zukunft? EG: Ruhiger wird’s, wenn ich in Rente bin. Ich bin bestimmt noch zehn Jahre mit der Truppe unterwegs. Da ruft Montreal, New York, Toronto, jetzt haben wir sogar eine Einladung ins Bolschoi-Ballett nach Mos- kau. Und später freue ich mich, wenn ich mehr Zeit für meine Frau habe. Auf die Zwischenfrage, wie viele Stunden er denn t äglich arbeite, sagt Eric Gauthier, er arbeite im Kopf ja immer, aber sein normaler Arbeits- tag habe so 11 bis 12 Stun- den. Er stehe eigentlich um 9 Uhr auf, jetzt durch den Erstklässler Carlos auch mal um 1/2 7. Jeder seiner Tage beginnt aber mit einer Stunde im Gym. Und endet, wenn’s geht, um 22.30 Uhr. Colours International Dance Festival 2017 presented by Eric Gauthier k: Für Ihr soziales Engagement, mit dem Sie unter anderem die Tanz- kunst zu Menschen bringen, die Sie nicht im Theater besuchen kön- nen, wurden Sie im April 2015 mit dem Verdienstorden des Landes k: Zuletzt ein Wunsch: 2011 haben Sie mit dem Spätzle Song eine englisch-deutsche witzige Liebeserklärung ans Schwabenland und an Stuttgart gesungen, in dem auch „the Killesbörg“ vorkommt. Können wir den Text dafür hier abdrucken?